Maria 2.0 Deutschland
Offener Brief an die Deutsche Bischofskonferenz
zu Händen Frau Beate Gilles
Kaiserstraße 163, 53113 Bonn
(per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

 

23.02.2023

Sehr geehrte Frau Gilles, sehr geehrte Herren,

wenn Sie sich vom 27. Februar bis zum 2. März zur Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Dresden treffen, ist es gut, dass Sie sich mit der Ordnung zur Neustrukturierung des Themenfeldes „Sexueller Missbrauch“ befassen. Es ist unabdingbar, sexualisierte Gewalt mit deutlichem Nachdruck umfassend aufzuklären und die Betroffenen ins Zentrum des Denkens und Handelns zu stellen. Immer noch gibt es Bistümer, die mehr als vier Jahre nach der Veröffentlichung der MHG-Studie keine eigenen detaillierten Studien in Auftrag gegeben haben. Aber auch an vielen anderen Stellen wird die Aufarbeitung verschleppt. Es erweckt den Eindruck, als sei die Verzögerung beabsichtigt, um die Zeit für sich arbeiten zu lassen. Das wird weder den Betroffenen noch christlichen Werten gerecht.

Wir weisen darauf hin, dass neben der sexualisierten Gewalt an Kindern auch der spirituelle und sexuelle Missbrauch von erwachsenen Frauen und Männern einen großen, oft nicht wahrgenommenen Raum einnimmt. Es ist deshalb unbedingt erforderlich, den wichtigen Handlungstext des Forums III „Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche“, der bei der 5. und damit letzten Synodalversammlung (9.-11-März 2023) in erster Lesung behandelt wird, zu finalisieren.

Jedes der bisher veröffentlichen Gutachten macht wesentlich auch systemische Ursachen für die zahlreichen Missbrauchsfälle verantwortlich. Daraus folgt zwingend, dass strukturelle Veränderungen in der katholischen Kirche massiv vorangetrieben werden müssen. Sonst verliert die Verkündigung des Evangeliums ihre Glaubwürdigkeit.

Maria 2.0 fordert darüber hinaus, dass die Bildung eines Synodalen Rates weiterverfolgt wird und ein Synodaler Ausschuss zur Bildung des Synodalen Rates ins Leben gerufen wird - trotz des Gegenwinds aus Rom. Andernfalls wäre der Synodale Weg auf fatale Weise gescheitert. Das würde nach unserer Ansicht zu einem Massenexodus engagierter Katholikinnen und Katholiken führen und die katholische Kirche in die Bedeutungslosigkeit abgleiten lassen.

Diese Konsequenz sollten Sie auch weiterhin dem Vatikan gegenüber zum Ausdruck bringen. Nur wenn es gelingt, überkommene, zum größten Teil aus dem 19. Jahrhundert stammende Machtstrukturen und den damit verbundenen Klerikalismus zu überwinden, kann Kirche neu gedacht und verlorengegangene Glaubwürdigkeit wieder erlangt werden. Nur dann hat die katholische Kirche noch eine reelle Chance.

Anne Borucki-Voß, Mechthild Exner-Herforth, Gaby Maaß, Altfrid Norpoth, Eva-Maria Schmitz für Maria 2.0 Deutschland

Maria 2.0 Deutschland ist der Zusammenschluss von über 100 Ortsgruppen der Bewegung Maria 2.0.
Seit 2019 setzen sich engagierte Christinnen und Christen verschiedener Altersgruppen und sexueller Orientierungen für die Überwindung des Machtmissbrauchs und für tiefgreifende Reformen in der katholischen Kirche ein, für eine Kirche in der Nachfolge Jesu.